Wutachtalbahn (Strategische Bahn)
Oberlauchringen - Weizen - Hintschingen
Die Wutachtalbahn und besonders ihre Verlängerung
als Strategische Bahn ist eine der interessantesten Strecken Badens und
neben der Schwarzwald- und der Höllentalbahn heute wohl besten bekannt.
Die im Mittelabschnitt "Sauschwänzlebahn" genannte Strecke hat ein aussergewöhnlich
bewegtes Schicksal hinter sich und gilt heute als technisches Kulturdenkmal.
Die Linie durchs Wutachtal selbst war ursprünglich als bedeutende Durchgangslinie geplant, und zwar als Zuführung in Nord-Süd Richtung zur Gotthardbahn, der ersten alpenquerenden Verbindung in der Schweiz. Wäre die Wutachtalbahn in dieser Relation umgesetzt worden, so wäre sie zweifellos noch heute von Bedeutung. Doch die geologischen Verhältnisse hinter Stühlingen und insbesondere zwischen Weizen, Grimmelshofen und wutachaufwärts machten alle Planungen jäh zunichte. Die "alte" Wutachtalbahn, in den 1870er Jahren gebaut, endete deshalb bis 1890 in Weizen als Stichbahn. Schliesslich war es der preussische Generalstab, welcher aus der Stichbahn
eine Durchgangsstrecke machte (allerdings in Ost-West Richtung) und
sich über die geologischen Schwierigkeiten mittels kühnen Kunstbauten
und damit verbunden exorbitanten Kosten hinwegsetzte. Die 1890 nach nur drei Jahren Bauzeit eröffnete Strategische Bahn ergänzte so die oben erwähnte Stichbahn von Oberlauchringen nach Weizen nach Blumberg und führte weiter nach Hintschingen, wo sie in das Endstück der Schwarzwaldbahn mündete. Im Mittelteil umfasst die Bahn nicht weniger als sechs Tunnels und vier grosse Viadukte. Höhe wird auch ganz unterschiedliche Art gewonnen: Einmal wird das Wutachtal ausgefahren, was einen Kehrtunnel und die anschliessende Überbrückung der Wutach nötig machte (ähnliche Konzeption wie an der Gotthardbahn mit Leggistein-Kehrtunnel), dann schraubt sich die Bahn zwischen Grimmelshofen und Fützen einmal um die eigene Achse (einziger Kreiskehrtunnel in Deutschland überhaupt) und schliesslich finden sich auch zwischen Fützen, Epfenhofen und Blumberg umfangreiche S-Kurven, Schleifen und Kehren; der Ort Epfenhofen, der erst im Zuge eines Gebietstauschs 1839 deutsch wurde wird fast vollständig von der Bahn umschlossen und mit einer filigranen Stahlkonstruktion überbrückt. Mit den drei Strategischen Bahnen kam Baden fast kostenlos zu neuen Eisenbahnstrecken, da das Reich 95% der Baukosten übernahm. Dennoch hielt sich das Interesse Badens in Grenzen, da man bereits damals den geringen verkehrspolitischen Nutzen der neuen Strecken in Friedenszeiten abschätzen konnte. Denn selbst für den ihr eigentlich zugedachten Zweck kam die "Kanonenbahn" im wesentlichen nicht in Frage; in beiden Weltkriegen verliefen die Frontlinien und Aufmarschbewegungen grösstenteils anders, als wie man dies beim Bau erwartet hatte. Während sie also schon in Kriegszeiten keineswegs unabdingbar war, so stellte sie zu Friedenszeiten erst recht ein finanzielles Fiasko dar. Denn als "Umgehungsbahn" führte sie eben um das volkswirtschaftlich bedeutendere Zentrum Schaffhausen herum, statt es anzuschliessen, wie dies andere Projekte (Randenbahn) in diesem Gebiet verlangten. Im übrigen führt die in vielfacher Hinsicht aussergewöhnliche Eisenbahnstrecke durch strukturschwaches, von der Landwirtschaft geprägtes, dünn besiedeltes Gebiet, entsprechend gering war Fahrgast- und Güteraufkommen. Den sich daraus ergebenden unbefriedigenden Einnahmen standen sehr hohe Unterhaltskosten gegenüber, welche gerade nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr aus dem Ruder zu laufen drohten. Die Strategische Bahn, die bis 1932 sogar hauptbahnmässig betrieben wurde, rentierte zu keinem Zeitpunkt in ihrer 65-jährigen Betriebsgeschichte, weshalb u.a. der Bf Grimmelshofen bereits 1923, als erster Stationspunkt in Baden, stillgelegt wurde. Deshalb wurde der Mittelteil (Lausheim-Blumegg - Zollhaus-Blumberg) 1955 als eine der ersten Strecken in der BD Karlsruhe stillgelegt und der Personennahverkehr auf die Strasse verlagert - nachdem ein mehrmonatiger Versuch mit dem Schi-Stra-Bus, einem Zweiwegefahrzeug mangels Akzeptanz gescheitert war. Eigentlich musste man damals mit dem Ende - dem Abbau der Schienen, wie es an so vielen anderen Orten geschah (vgl. Bonndorferbahn, Todtnauer Eisenbahn etc.) rechnen. Doch es kam anders. Die gespannte geopolitische Lage der beginnenden sechziger Jahre (u.a. Kuba-Krise) veranlasste die NATO, den Mittelteil mit beträchtlichem finanziellem Aufwand zu sanieren. So war das Militär abermals für den Fortbestand der Strecke verantwortlich. Allerdings befuhr auch danach kein planmässiger Zug die Strecke. Schliesslich konnten Eisenbahnfreunde in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden und dem Bundesbahndezernat Karlsruhe im Jahr 1977 einen Museumsbetrieb mit historischen Fahrzeugen (Dampflokomotiven) aufnehmen. Seither verkehren zwischen Weizen und Zollhaus-Blumberg in den Sommermonaten regelmässige Museumszüge. Eingesetzt wird u.a. die passende ehemalige DB 50 2988 sowie die ex DR 86 333. An Jubiläen kommen bisweilen noch weitere Fahrzeuge auf die Museumsstrecke, so zum Beispiel die badische Personenzuglok 75 1118 an Pfingsten 2002. An der heutigen Museumsbahnstrecke wurden schon einige Spielfilme gedreht (mind. Teilsequenzen), u.a. "Der Transport", 1961, "Brass target", 1978, "Der Mond scheint auf Kylenamoe", 1979, "Viehjud Levy", 1999 und "Heinrich der Säger". Seit dem Jahr 2003 wird während den Betriebsmonaten der Museumseisenbahn,
also von Mai bis Oktober, ein moderner Dieseltriebwagen der Baureie
641 als Zubringer zwischen Oberlauchringen und Weizen eingesetzt, nachdem
auf der alten Wutachtalbahn seit 1971 keine Personenzüge mehr fuhren.
Auch der Abschnitt Blumberg - Immendingen soll bald wieder planmässige
Züge sehen, im Rahmen des sogenannten Ringzugkonzeptes. Hier ruht der
offizielle Personenzugbetrieb bereits seit 1967. Weiterführende Literatur:
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Die ungewöhnliche Bahn bietet zahllose lohnende Fotomotive, von denen einige hier wiedergegeben werden
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links: An reizvoller Lage überfährt die Bahn die Wutach. Das Viadukt
liegt mitten in der Wutachschlucht, welche in diesem Abschnitt die bekannten
Felsen (Flühen) aufweist. Unmittelbar unterhalb der Brücke liegt der Kehrtunnel
beim Blumeggweiler. Der von 50 2988 geführte Museumszug ist unterwegs von
Lausheim-Blumegg nach Grimmelshofen.
rechts: Ausfahrt aus dem Grimmelshofener Tunnel, gleich fährt der Zug
in die gleichnamige Station ein. Schiebelok ist 50 2740.
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links: Die pr. T16.1, 94 1538 hat mit ihrem Zug eben den Bf Grimmelshofen
erreicht. Nach einem kurzen Halt wird die Fahrt mit Schubhilfe durch die
nicht sichtbare 93 1394 fortgesetzt.
rechts: Am kleinen Stockhaldetunnel, welcher eine Bergnase durchfährt
(Länge: 85,5m). Der Zug fährt rückwärts.
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links: Nur zweihundert Meter weiter beginnt der einzige Kreiskehrtunnel
Deutschlands, er führt über seine eigene Achse hinweg (Spiraltunnel)
rechts: Einfahrt in den Tunnel
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links: Idyllisch liegt dieses ehemalige Bahnwärterhaus (WP28) oberhalb
der Stockhaldetunnels.
rechts: 50 2988 ist die momentan einzige betriebsfähige DB-50, und durchfährt
hier den Bf Epfenhofen. Im Hintergrund das Biesenbachviadukt.
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links: Lok der Baureihe 86 schiebt einen Sonderzug nach (86 333). Im
Hintergrund die Gleisanlagen des Bf Epfenhofen. Der Blickwinkel geht engegengesetzt
zur vorhergehenden Aufnahme.
rechts: Blick in die Feuerbüchse von 50 2988