zurück

Der Antrag auf Einrichtung eines Eisenbahnkraftwagenbetriebes
zwischen Wehr und Todtmoos

Mitte Oktober 1925 ging bei der Reichsbahndirektion in Karlsruhe ein Gesuch des Landesverbandes des Badischen Einzelhandels in Karlsruhe, in welchem um die Einrichtung eines Eisenbahn-Kraftwagenbetriebes zwischen Wehr und Todtmoos ersuchte.

Es gab zu diesem Zeitpunkt bereits einen privaten Fuhrunternehmer, welcher die Transporte zwischen Wehr und Todtmoos besorgte. Anscheinend waren die Einzelhändler aber mit seinen Leistungen nicht zufrieden, sie wollten eine "amtliche" Kraftwagenlinie für die Güterbeförderung.

Die Betriebsinspektion Basel ersuchte die Station Wehr am 23. Oktober 1925 um Beantwortung folgender Fragen:

1.) Wie groß ist der gesamte Versand und Empfang von und nach Todtmoos?
2.) In welcher Weise und durch welchen Kraftwagenbesitzer wurde Todtmoos bisher bedient?
3.) Welcher Verkehr käme künftig zur Bedienung durch eine amtliche Kraftwagenlinie in Betracht?
4.) Wie würde sich die Beförderung im Winter bei Schneefall gestalten?

Die Station Wehr antwortete am 27. Oktober 1925 nach Basel:

zu 1.) Der gesamte Güterverkehr nach Todtmoos beträgt:
Versand in einem Monat Stückgut 369 Stück mit 8980 kg Gewicht, Wagenladungen 8 Stück mit 120.000 kg Gewicht.
Empfang in einem Monat Stückgut 1149 Stück mit 57287 kg Gewicht, Wagenladungen 9 Stück mit 150.000 kg Gewicht.

zu 2.) Die Bedienung erfolgt durch den Frachtfuhrmann z. in Todtmoos; ausserdem einige Fuhrhalter aus Todtmoos u. Gersbach, die jedoch nur für Holzanfuhr in Betracht kommen.

zu 3.) Nachdem die Geschäftsleute von Todtmoos sich nur für eine amtliche Kraftwagenlinie Wehr - Todtmoos interessieren, dürfte daher der Holzverkehr nicht mehr dazu zu rechnen sein.

zu 4.) Der Lastwagenverkehr ist ausser bei ganz hohem Schneefall möglich. In diesem Fall wäre ab Todtmoos Au ein Landwagenverkehr einzurichten, oder die Gemeinde Todtmoos bzw. Todtmoos Au müßten verpflichtet werden, für gebahnte Straßen zu sorgen.

Basel war von dem Gesuch zur Errichtung einer Kraftwagenlinie wohl nicht allzu begeistert und berichtete dann nach Karlsruhe:

"Nach den angestellten Erhebungen beträgt der Versand an Stückgütern ab Todtmoos monatlich durchschnittlich 8 - 10 Tonnen, der Empfang 55 - 60 Tonnen; Wagenladungen kommen im Versand und Empfang monatlich je 100 - 150 Tonnen auf. Die Bedienung dieses Verkehrs besorgt bisher der Frachtfuhrmann Josef Z. aus Todtmoos. Z. hat zwei Kraftwagen in Betrieb, außerdem hält er zwei Pferde, die er zur Bedienung des Verkehrs der Todtmoos benachbarten Gehöfte während des ganzen Jahres benötigt. Von Januar bis Mitte Mai muß an die Stelle des Kraftwagens der Schnefälle wegen das Pferdefuhrwerk treten. Die Gebühr von 80 Pf. für den Zentner (für Kohlen 60 Pf) die Z. für die Anfuhr der Güter über die 18 km lange gebirgige Strecke erhebt, muß als mäßig bezeichnet werden. Die Eisenbahnverwaltung dürfte diese Sätze kaum halten können.
Bei Beurteilung der Frage ob hier ein Eisenbahnkraftwagenbetrieb einzurichten ist, muß berücksichtigt werden, daß dies nicht der allgemeine Wunsch der Geschäftsleute in Todtmoos ist, sondern eigentlich nur der des ... A. daselbst, der allerdings neben dem Sanatorium den größten Verkehr mit der Eisenbahn unterhält. A. ist aber ein Mann, der gerne reklamiert.

Als die Postverwaltung etwa vor Jahresfrist den Kraftwagenverkehr zwischen Todtmoos und Wehr aufnahm, hat sie versucht, auch die Zu- und Ablieferung der Bahngüter an sich zu reißen. Man ließ sich bei der Station Wehr Vordrucke für Vollmachten besorgen, es ist ihr aber bis jetzt nicht gelungen, von einer einzigen Firma zur Empfangnahme bevollmächtigt zu werden.
Auch bei Einrichtung eines Eisenbahnkraftwagenbetriebes kann nicht mit dem Eingang erwähnter Gewichtsmengen gerechnet werden.

Frachtfuhrmann Z. fährt seine Bedienungsfahrten täglich, auch sonntags, auch wegen der Milchbeförderung. Er bedient neben Todtmoos noch 9 Ortschaften in der Zuführung und Abholung von Gütern. Diese sind 1/2 bis 1 1/2 Wegstunden von Todtmoos entfernt; benützt wird hierzu das Pferdefuhrwerk, da der Kraftwagen bei den geringen Gütermengen unrentabel wäre. Soweit dürfte die Eisenbahnverwaltung bei Übernahme eines Kraftwagenbetriebes kaum gehen können.

Ich kann nach genauer Prüfung der Verhältnisse die Schaffung eines Kraftwagenverkehrs der Eisenbahn nicht befürworten. Dagegen wäre es möglich, mit dem Privatunternehmen Z. einen Güterbestättervertrag abzuschließen, sodaß die Bedienung der Todtmooser Interessenten einen halbamtlichen Charakter erhalten würde. Ich fürchte nur, daß in einem solchen Fall sehr bald ein Antrag des Bestätters auf Erhöhung der Gebühren kommen würde."

Zur Einrichtung eines Eisenbahnkraftwagenbetriebes zwischen Wehr und Todtmoos ist es nie gekommen. Der Transport der Güter blieb in privater Hand. Es ist aber davon auszugehen, daß ein "Güterbestättervertrag" abgeschlossen wurde, so daß der Fuhrunternehmer als "Bahnamtliches Rollfuhrunternehmen" auftreten konnte.

zurück