Auf dieser Seite sollen kurz einige verkehrspolitischen Fragestellungen und Erörterungen bezüglich dem Thema  Schiene oder Strasse (Personennahverkehr), auch im Hinblick auf die hier beschriebenen Strecken angeschnitten werden. Dabei sollen typische Erörterungen wiedergegeben werden, wie sie sich im Bezug auf verkehrspolitische Diskussionen immer wieder stellen, und schliesslich eine Empfehlung abgegeben werden.
 
Anmerkung: Während sich die beschreibenden Texte der anderen Seiten auf Tatsachenberichte und zahlreiche Quellen stützen, werden im folgenden die Meinung und Einschätzungen des Autors wiedergegeben.

Nehmen wir als Beispiel die Wehratalbahn. Auch hier bleibt wie anderenorts die Frage, ob die Entscheidung zur Einstellung des Betriebs und dem teilweisen Abbau der Schienen gerechtfertigt war.

Entscheidung zur Betriebseinstellung von Eisenbahnstrecken

Die Betriebseinstellung war es sicher, denn spätestens seit Ende des Zweiten Weltkrieges dürfte diese Strecke meistens in die roten Zahlen gefahren sein. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass die starken Nachfragerückgänge im Personenverkehr bei den Nebenbahnen der DB nicht einzig und allein der massiven Zunahme der Individualmotorisierung zuzuschreiben sind - wenn auch wohl zum grössten Teil. Nichtsdestotrotz sollte man sich auch bei jeder einstellungsbedrohten Strecke fragen, wie es um die Angebotsattraktivität aus Kundensicht steht oder kurz vor dem Ende war. Denn gerade die DB konkurrenzierte das Bahnangebot teilweise direkt, indem im parallel laufenden Busersatzverkehr oftmals attraktivere Fahrzeuge und bessere Pläne bedient wurden, und insbesondere Bahn- und Busfahrpläne nicht besonders aufeinander abstimmt wurden. Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass die Bahn in vielen Fällen tatsächlich der schlechtere Feinverteiler ist. Der Bus kann auch in kleinen Ortschaften mehrere Haltestellen anfahren und rückt somit näher zum potentiellen Kunden. Allerdings hätte die Eisenbahn in manchen Fällen unter vertretbarem Aufwand die Möglichkeit, weitere Haltestellen in ihre Strecken einzufügen. Denn seit der Jahrzehnte zurückliegenden Eröffnung der Eisenbahnstrecke haben sich in manchen Ortschaften oft neue Siedlungen abseits der alten Bahnhöfe entwickelt. In diesem Zusammenhang zeigen Privatbahnen (NE-Bahnen) oftmals ein wesentlich flexibleres und näher am Kunden ausgelegtes Agieren als die DB AG.
Doch die Tendenz der Bahn, sich letztlich aus der Fläche zurückzuziehen und die Akzente im profitablen Hochgeschwindigkeitsverkehr zu setzen, sind auch vor einem grundsätzlichen verkehrspolitischen Hintergrund zu sehen; so war die wesentliche Konzeption in Bezug auf den schienengebundenen Verkehr in der Bundesrepublik praktisch seit ihrem Bestehen von zwei sich faktisch sich zuwiderlaufenden Anforderungen geprägt: die Bahn soll das Hinterland nicht vernachlässigen, und sich dabei gleichzeitig dem wirtschaftlichen Haushalten verschreiben. Dies geht nicht zusammen, da Nebenbahnen oft zu tiefe Nutzungsraten aufwiesen. Die Bahn versuchte eine Weile den Spagat indem sie den Betrieb vereinfachte (Schienenbusse als "Retter der Nebenbahnen"). Daneben wurden von der Politik alle anderen Verkehrsträger, insbesondere die Strasse und die Schifffahrt in einem im Vergleich zur Eisenbahn extremen Mass gefördert, man betrachte hierzu nur die seit Kriegsende neugebauten Autobahnen und Schifffahrtskanäle im Vergleich zu neugebauten Eisenbahnstrecken. Allein im Jahr 1961 lag die BRD mit ihren Ausgaben für den Strassenbau mit 6 Milliarden Mark im weltweiten Vergleich bereits an zweiter Stelle - hinter den USA.
Schliesslich soll im Hinblick auf die konkrete Nutzung von Angeboten des öffentlichen Verkehrs nicht verschwiegen werden, dass das Auto (Individualverkehr) trotz aller hinlänglich bekannten negativen Aspekte (wie Umweltverschmutzung, Unfallhäufigkeit, Stauproblematik, Landverbrauch u.v.a.) Nutzenarten bedient, welche der öffentliche Verkehr schlicht nicht imstand ist, zu bedienen (oder auch nur ansatzweise); zu diesen Vorteilen des Individualverkehrs gehören u.a. individuelle Gestaltung der Reise, diverse psychologische Zusatznutzen (Autotyp, lange Vorzeigereichweite, Kodierungsmöglichkeiten, Geschwindigkeitsfaszination, Prestige), Entscheidung über Mitfahrer und Innenraum u.v.a. Es scheint, dass die Mobililtätsbedürfnisse der Menschen nicht nur eine rationale, sondern auch eine stark emotiale Seite haben. Die Entscheidung über die Benützung von Verkehrsmitteln ist also nicht eine einfache Substitutionsbeziehung, die sich beispielsweise auf Kostenfaktoren stützt, vielmehr spielen vielfältige Faktoren eine Rolle.

Der letzte Bezugsrahmen sind dann gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, denen sich auch verkehrspolitische Weichenstellungen möglicherweise einordnen, wie die aktuellen Trends zu mehr Individualismus, und Hedonismus.

Die zweite Frage, ob man mit dem Liegenlassen der Schienen sich nicht doch noch ein Hintertürchen hätte offen lassen können, um auf zukünftige Nachfrageverschiebungen gewappnet zu sein, ist eine andere. Angesichts der beiden schwer lastenden Hypotheken der hier beispielmässig angeführten Strecke, der Wehrabrücke und des langen Fahrnauer Tunnels sowie generell leerer öffentlicher Kassen erscheinen allerdings Überlegungen zur Wiederinbetriebnahme im Rahmen eines Rundumverkehrs in einem Basler Agglomerations Takt auch in einem fernen Zeitpunkt als ziemlich vermessen. Gleichfalls zeigen Gegenbeispiele in Süddeutschland, wie die reaktivierte Schönbuchbahn in der Nähe von Stuttgart (Böblingen - Dettenhausen) sowie das beabsichtigte Ringzugkonzept Donaueschingen - Tuttlingen - Blumberg, dass solches nicht undenkbar bleiben muss. Gleichwohl handelt es sich bei beiden Beispielen um einfach trassierte Strecken mit wenigen oder gar keinen Kunstbauten. Andererseits kann, wie an anderer Stelle beschrieben, keine Planung von Eisenbahnstrecken alle zukünftigen Entwicklungen (verkehrspolitische und siedlungsmässige) einfangen. Niemand weiss, wie sich die Vorortregion zu Basel, welche durch die Eisenbahn durchs Wehratal ja erschlossen wird in den nächsten fünfzig Jahren entwickeln wird. Dies wiederum würde grundsätzlich für das Offenhalten der Option durch Liegenlassen der Schienen sprechen. Verklärte Romantiker würden diese Variante wohl in jedem Fall vorziehen. Schliesslich zeigt das besprochene Beispiel der Bonndorferbahn klar, dass mit dem Abbau der Schienen und dem Verkauf aller Trasseeflächen und Liegenschaften vollendete Tatsachen geschaffen werden. So ist in Lenzkirch und Bonndorf bereits an manchen Stellen das ehemalige Bahntrasse überbaut.

Eines trifft aber in den meisten Fällen zu: Wenn auch die Kosten für die Wiederinbetriebnahme einer stillgelegten Strecke sehr hoch sind (Kompletterneuerung des Oberbaus, Signalanlagen, Modernisierung Haltepunkte und Stationen, Beschaffung von neuzeitlichem Fahrzeugmaterial, Renovation oder Neubau von Kunstbauten sowie laufende Betriebsausgaben), so sind diese Kosten immer noch wesentlich geringer als wenn eine vollkommen neue Strecke in eine bis dannzumal gewachsene Siedlungsstruktur nachträglich hineingefügt wird, da im ersteren Fall eben bestehende Trassen genützt und keine langwierigen Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden müssen, falls noch alles einem Eigentümer gehört. Natürlich sind in solchen Fällen die fiktiven, aufgelaufene Zinsen für die nicht devestierten Einheiten zu berechnen. Diese Beträge dürften indes nicht stark ins Gewicht fallen. Nicht umsonst gab und gibt es bei der Bundesbahn / DB AG ja die Tradition überflüssige Bahnstrecken möglichst ohne Kosten wegzubekommen. So wurden in der Vergangenheit manche Strecken zum symbolischen Betrag von DM 1 an staatliche Körperschaften wie Gemeinden, Städte oder Vereine übereignet. Lässt man den Schrottwert der abgebauten Schienen und Anlagen, Sicherungsaufwendungen sowie die Liegenschaftserlöse ausser acht, so spart die Betreibergesellschaft in jedem Fall, egal ob nun die Schienen abgebaut oder liegengelassen werden (was verkehrspolitisch tendenziell besser ist, wie oben beschrieben). Denn durch die Betriebseinstellung entfallen ja alle Kosten des Betriebes, wie Strecken- und Triebfahrzeugbewirtschaftung.

Gegenüberstellung / Vergleich

Schönbuchbahn, reaktivierte Bahnstrecke auf vorhandenem Trassee. Eher ländlicher Charakter. Länge 19 km; Kosten für das Projekt: 20 Mio DEM

Glattalbahn, Komplettneubau, Eingliederung in bestehende Strukturen. Eher städtischer Charakter. Länge 13 km, (geplante) Kosten für das Projekt: 650 Mio CHF

Anmerkung: Grundsätzlich sind Vergleiche zweier so unterschiedlicher Projekte mit Vorsicht zu geniessen. Es kommt immer auch auf den Einzelfall an; die Grundaussage ist davon aber zweifellos nicht betroffen.
 

Email: webmaster@suedbadenbahn.de

links: Mit dem Abbauzug befährt der definitiv letzte Zug die Strecke. Hier befindet sich die neurote 260 des Bh Haltingen am nördlichen Portal des Fahrnauer Tunnels.
rechts: Bautrupps zerschneiden die Schienen in Einheiten, welche vom Schienenbagger problemlos bewältigt werden können.
Die Aufnahmen wurden mit freundlicher Genehmigung von H. Uttner von der Seite über die Wehratalbahn übernommen.


links: Während der Aufbau einer Eisenbahnstrecke viel Zeit in Anspruch nimmt, ist der Abbau umso einfacher...
rechts: Kleinere Brücken können mit dem schweren Schienenkran wegbefördert werden.
Die Aufnahmen wurden mit freundlicher Genehmigung von H. Uttner von der Seite über die Wehratalbahn übernommen.


links: Im Bf Wehr endet dieses ehemalige Streckengleis unvermittelt. Man brauchte den Platz für den Bau der Umgehungsstrasse.
rechts: Die Zufahrt bzw. das Betreten der Wehrabrücke wird durch eine Bretterwand gesperrt

Strecken
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hintere Höllentalbahn Neustadt - Donaueschingen
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s'Todtnauerli Zell - Todtnau
Wehratalbahn Schopfheim - Säckingen
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