Die Elektrifizierung
der
Wiesen - und Wehratalbahn
Dass der Elektrische Zugbetrieb durch die hohen Induktionsspannungen den meist über Freileitungen neben der Bahn verlaufenden Telegrafen- und Telefonleitungen der Bahn massiv stört, war bereits bei der Planung der Elektrifizierung bekannt.
Die Generaldirektion in Karlsruhe ordnete deshalb am 8. Oktober
1909 folgendes an:
"Durch die Einführung des elektr.Betriebs auf der Wiesentalbahn und nach Säckingen müssen die Telegraphen- und Signalleitungen zum Schutze gegen die Einwirkung der Hochspannungs- und Erdströme verlegt und verändert werden.
Die Läutewerk-, Distanz- und Signalleitungen müssen vollständig von Erde getrennt und als isolierte Schleifenleitung angelegt werden. Auch die Telegraphenleitungen 65 und 72 sind als Doppelleitungen auszuführen.
Für spätere Erweiterungen sind vorzusehen: 4 Leitungen für die Streckenblockung, 4 Leitungen zur Reserve und außer der bestehenden Streckenfernsprechleitung noch 2 Leitungen für den Linienfernsprecher und 2 Leitungen für einen besonderen Fernsprecher zur Verbindung des Umformwerkes in Basel und der Unterstation Schopfheim, sowie 2 Reservefernsprechleitungen.
Auf der Strecke Basel - Zell lassen sich die hiernach nötigen Leitungen als Freileitungen weder unterbringen, noch in genügender Entfernung von der Hochspannleitung anlegen, weshalb für diese Strecke Kabel vorzusehen ist.
Auf der Strecke Schopfheim - Säckingen und zwar von Km 1,388 bis Km 16,627 wo das Gelände für das zweite Gleis vorhanden ist, lassen sich die Leitungen auf der von den Masten für die Fahrleitung nicht benützten Bahnseite in genügendem Abstand von der Hochspannleitung anlegen, weshalb hier die Freileitungen beibehalten werden sollen, unter Erstellung der zunächst nötigen Rückleitungen für die Läutewerke und Distanzapparate.
Vom Km 16.627 bis Bhf.Säckingen und in diesem selbst sind die Leitungen in Kabel zu verlegen.
Die Einführung auf den Stat.Hasel, Wehr und Brennet (Wehratal) sowie die Zuführung zu den Signal- und Wachthütten sind zur Vermeidung von Kreuzungen mit der Hochspannleitung mittelst Kabel zu bewirken. Die Streckenkabel sind bei jeder Wartstation aufzuführen, wozu jeweils ein Aufführungspunkt anzulegen ist.
Jn den Bahnhöfen sind von den Signalen ab, die Kabel für die noch hinzukommenden Signalleitungen vorzusehen.
Wir ersuchen die Vorlage über die Ausführung der Arbeiten mit tunlichster Beschleunigung zu erstatten.
Der Vorlage sind beizugeben: ein Streckenplan und Bahnhofspläne mit Einzeichnung der Kabelführung, eine schematsiche Darstellung der Kabelanlagen, in der die Kabel, deren Adernzahl und Einzellängen und die Aufführungen einzutragen sind.
Um die Inangriffnahme der Bauarbeiten zur Erstellung der Masten und Leitungen für den Bahnbetrieb nicht zu lange zu verzögern, muß ein Teil der Arbeit zur Beseitigung der Schwachstromleitungen schon in diesem Jahr in Angriff genommen werden. Dies bezieht sich in der Hauptsache auf die Strecke Lörrach- Schopfheim, wo die Leitungen dem Bau hinderlich sind."
Dass auch der Telegraphen und Telefonbetrieb der Reichsfernsprechleitungen durch die Hochspannungsleitzungen der Bahn gestört wird, war seit der Eröffnung der elektr. Staatsbahn Dessau - Bitterfeld im Jahre 1911 bekannt. Das Reichspostamt Berlin schickte deshalb einen Beauftragten zu entsprechenden Messungen und Versuchen ins Wiesental. Messungen bei Dauerstrom sollten noch vor Aufnahme der Versuchsfahrten Ende Oktober 1912 stattfinden.
Dem Beauftragten des Reichspostamtes Berlin wurden im Bahnof Lörrach zwei freie Dienstzimmer zugewiesen. Zur Versorgung der Messeinrichtungen mit Strom musste eine besondere Stromleitung mit 15 Amp. zu den beiden Räumen gelegt werden.
Die auftretenden Störungen waren aber anscheinend nicht
so schnell in den Griff zu bekommen.
Anfang 1913 richteten deshalb zahlreiche Wiesentäler Geschäftsfirmen
eine Beschwerdeschrift an die damals zuständige Kaiserliche Oberpostdirektion
in Konstanz.
So wurden seitens des Kaiserlichen Telegraphen-Versuchsamtes weitere zahlreiche Messungen und Versuche durchgeführt und versuchsweise ein Schwingungskreis an der Stromerzeugermaschine im Umformerwerk Basel eingebaut, jedoch der erwartete Erfolg nicht erzielt.
Die Generaldirektion in Karlsruhe versicherte am 25. Juni 1913 in einem Schreiben an die Oberpostdirektion Konstanz, dass sie "inzwischen in jeder Weise bestrebt sei, den aufgetretenen Klagen gerecht zu werden". Die Störungen sollen nach weiteren Versuchen und Einbau eines neuen Schwingungskreises beseitigt sein.
Da man aber die laufenden Probefahrten mit elektrischer Kraft nicht einstellen konnte, wurden die Fahrten auf die Strecke Lörrach - Schopfheim - Zell beschränkt. Nach Einbau des neuen Schwingungskreises sollten die Probefahrten sie dann auch auf die Strecke Schopfheim - Säckingen ausgedehnt werden.
Für das Bahnpersonal hatte die Generaldirektion Karlsruhe bereits entsprechende Anordunungen im Umgang mit bahneigenen Telefonleitungen verfügt. In diese Verfügung heißt es unter Anderem:
"daß in diesen Leitungen durch Induktion aus den Hochspannungsleitungen elektr. Spannungen auftreten können, die bei Berührung blanker Leitungen oder blanker Leitungsteile an den Apparaten durch den menschlichen Körper zur Erde abgeleitet werden und dadurch unangenehme Wirkungen verursachen."
Es müssen deshalb alle Beamten und Arbeiter, die beim Bedienen der Apparate und bei Ausführung von Arbeiten an den elektrischen Einrichtungen mit den genannten Leitungen in Berührung kommen könen, zur Vorsicht ermahnt werden".
Bei Arbeiten an den Anlagen entlang der Bahnline wurde, solange die Oberleitung unter Spannung stehen, das Tragen von Gummihandschuhen angeordnet.
Anscheinend waren aber die Probleme mit den Telefonanlagen und Leitungen (auch der inzwischen verkabelten) nicht so leicht in den Griff zu bekommen.
Am 27. Dezember 1919 schrieb die Generaldirektion Karlsruhe an die Bahnbauinspektion Basel:
"Die Beobachtungen in den Wiesentalbahnfernsprechleitungen zeigten, daß die reine Kabelleitung Basel - Zell nahezu ständig einen gleichmäßigen leise singenden Ton aufweist, der bei Feuchtigkeit in der Frühe zu einem leisen Trommeln anschwällt und deutlich die 15 Perioden des Wiesentalbahn -Stromes unterscheiden läßt. Trotz dieser Geräusche ist eine Sprechverständigung innerhalb der Linienleitung Basel -Zell und bei kurzen Anschaltungen in Basel noch gut möglich.
In der gemischt geführten Leitung Basel - Schopfheim Säckkingen ( Kabel - Freileitungen ) ist bei trockenem Wetter der gleiche singende Ton, das Trommeln ebenso stark. Bei Luftfeuchtigkeit wird dieses TraumeIn stärker und steigt bei Regen, aber da nur zeitweise, zu einer Stärke an, die eine Verständigung unmöglich machen.
Diese Erscheinungen sind durch mangelhafte Jsolation verursacht. Die Jsolation soll deshalb verbessert werden. Zu diesem Zweck wurden als Ersatz sämtlicher Hartgummiklemmleisten solche mit Porzellan und besonders großem Wanderweg bestellt und können nach Eintreffen ausgetauscht werden.
Um sofort einigermaßen Abhilfe zu schaffen, soll in der Kabelaufführung Richtung Hasel bei Schopfheim ein großer Fernsprecbübertrager in die Leitung Basel - Säckingen eingeschaltet werden, um die schlechtere Isolation aus der Freileitung nicht in die Kabelstrecke Basel - Schopfheim gelangen zu lassen..."
Was hierzu veranlasst wurde siehe hier.