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Die Elektrifizierung

der

Wiesen - und Wehratalbahn

Zugheizung

In den Anfangsjahren der Elektrifizierung der Bahnen kannte man noch keine elektrische Zugheizung. Die damals vorhandenen Reisezugwagen besaßen alle Dampfheizung. So war man gezwungen, die im Reisezugdienst verwendeten elektrischen Lokomotiven mit einem elektrisch beheizten Dampfheizkessel auszustatten. Die Lokomotiven mussten während der Heizperiode zusätzlich mit einem Heizer besetzt werden. Auf einzelnen Strecken wurden auch besondere Heizwagen in die Züge eingestellt.

Bei den elektrischen Zügen der Wiesen- und Wehratalbahn machte man die Erfahrung, daß die Heizleistung des Kessels auf der Elektrolok speziell bei langen Zügen nicht ausreichend war. Dies führte schon im ersten Winter nach Aufnahme des elektrischen Betriebes zu massiven Beschwerden der Fahrgäste wegen nicht ausreichend geheizter Züge.

Abhilfe konnte in diesem Falle leider nicht sofort geschaffen werden. So verfügte die Generaldirektion in Karlsruhe am 22. Januar 1914 unter Anderem:

"Es ist darauf zu sehen, daß die Garnituren der Züge sofort nach ihrem Eintreffen in Basel durch die Fernheizung tüchtig vorgewärmt werden, so daß der Heizkessel der elektr. Lokomotiven nur soviel Dampf zu liefern hat, um die Temperatur in den bereits vorgeheizten Wagen nicht zu tief sinken zu lassen. Insbesondere müssen die Wagentüren und Fenster sofort nach dem Aussteigen der Reisenden geschlossen werden.
Um weitern Beschwerden zu begegnen ist dringend darauf zu achten, daß jeder zug in Basel tüchtig vorgeheizt wird....
... Ebenso wichtig ist, daß die elektr. Lokomotiven auf den Umkehrstationen möglichst rasch auf die Zugsausrüstungen gesetzt werden, damit das Heizen derselben möglichst kurz unterbrochen wird. Ebenso ist der Wasserbehälter der elektr. Lokomotiven rechtzeitig nachzufüllen."

Bei der Großherzoglich Badischen Staatsbahn erkannte man schnell, daß das Heizen der Züge mittels Dampfkessel auf der Elektrolok keine befriedigende Lösung sein konnte und man machte sich Gedanken über die Heizung der Wagen mittels Elektrizität.

So ersuchte die Generaldirektion Karlsruhe am 11. Juli 1914 die Königl. Eisenbahndirektion in Altona sowie die Direktion der Rhätischen Bahn in Chur um Hilfe. Beide Bahnen hatten bereits Erfahrungen mit der elektrischen Zugheizung. Anhand eines beigegebenen Fragebogens bat man um nähere Auskunft und um Mitteilung über die Betriebserfahrungen mit der elektrischen Heizung.

Die Maschineninspektion Basel sollte im Benehmen mit der Betriebsinspektion dem Elektrotechnischen Büro Karlsruhe eine Zugausrüstung zu benennen, welche für die Einrichtung der elekrtischen Heizung (neben der bestehen bleibenden Dampfheizung) geeignet ist. Für den Versuch sollte eine Zugausrüstung in Frage kommen, die keine Änderung in der Zusammensetzung erfährt und bei der das Einstellen fremder, zu beheizender Wagen (Postwagen, Gefangenenwagen usw.) in der Regel vermieden wird.

Das Benennen einer solchen Zugausrüstung gestaltet sich wohl nicht einfach. So berichtete der Bahnhof Basel an die Betriebsinspektion:

"Wiesentäler Ausrüstungen die immer nur in der gleichen Zusammensetzung verkehren, bestehen nicht. Werktags bleiben 1 P (= Packwagen) und 6 Personenwagen zwar in allen Zügen beisammen, es ist aber nicht zu umgehen, die Ek, Post- und Verstärkungswagen einzustellen, die für die Züge vorgesehen sind.
Sonn- und Feiertags wird während der Heizzeit die normale Ausrüstung auf 1 P und 12 Personenwagen erhöht."

Ähnliche Bedenken hatten auch die Stationen Schopfheim und Säckingen.

Zahlreiche Schreiben wechselten zwischen den Stationen, der Betriebsinspektion sowie der Maschineninspektion hin und her.

Die Bekanntgabe eines Ergebnisses an die Direktion in Karlsruhe verzögerte sich, bedingt durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges und der dadurch erfolgten Schließung des Bahnhofs Basel Bad Bf am 31. Juli 1914 sowie der Auslagerung der Maschinen- sowie der Betriebsinspektion nach Lörrach bis zum 16. November 1914:

"Die Prüfung einer Wagenausrüstung für elektrische Heizung hat ergeben, daß die Ausrüstungen der Strecke Basel - Zell nicht für einen Versuch geeignet sind, da öfter Eilkurswagen und Postwagen an die Spitze des Zuges gestellt werden müssen. Außerdem ändert sich die Zusammensetzung der Züge durch Einstellen von Verstärkungswagen. Die günstigste Zugausrüstung würde erfordern:

1 P, 1 Bi, 1 BCi, und 10 Ci, hierzu müßte als Ersatzwagen genommen werden: l P, 1 Bi, 1 BCi und 4 Ci, wobei die Verstärkung für Sonntagszüge noch nicht berücksichtigt ist.

Günstiger gestalten sich die Verhältnisse auf der Strecke Schopfheim - Säckingen. Die Ausrüstung hierfür besteht aus 1 P, 1 Bi und 3 Ci; als Ersatz könneen 3 Ci Wagen vorgesehen werden.

Die Post - und Gefangenen - Wagen müßten auf den Stationen Säckingen und Schopfheim gut vorgeheizt werden, so daß ein Heizen während der Fahrt nicht mehr notwendig wird.

Was den Fahrplan anbetrifft, so kann derjenige des Winters 1913/14 zu Grunde gelegt werden.
Zur Bewältigung des derzeitigen Fahrplanes ist eine zweite Ausrüstung eingestellt, da gegenüber dem früheren Fahrplan mehr Züge auf der Strecke Schopfheim - Säckingen verkehren. Es ist jedoch anzunehmen, daß mit Eröffnung des Bahnhofs Basel
*) die Zugzahl auf die frühere Anzahl zurück gesetzt wird."

*) = gemeint ist nach Ende des Krieges

Abkürzungen:
P = Packwagen
Bi = Personenwagen 2. Klasse
BCi = Personenwagen 2. und 3. Klasse
Ci = Personenwagen 3. Klasse

Am 23. März 1923 berichtete die Maschineninspektion Basel an das Stationsamt Basel, dass seit dem 12. März eine mit elektrischer Zugheizung ausgerüstete Zugausrüstung auf der Wiesentalbahn im Einsatz befände. Ab 26. März 1923 soll diese Zugausrüstung bis zum Ende der Heizzeit (15. Mai) auch auf der Strecke Schopfheim - Säckingen ausprobiert werden. Der Postwagen 3008 muss zu diesem Versuch bei der Ausrüstung verbleiben.

Spätestens zum 1. Oktober 1923 dürften sich die Probleme mit der Zugheizung vorläufig erledigt haben.
An diesem Tage berichtete die Maschineninspektion Basel an die Betriebinspektion:

"Es sind nunmehr sämtliche für den Wiesentalbahnbetrieb infrage kommenden Wagen mit elektrischer Heizung bezw. Durchleitung eingerichtet, so dass in diesem Winter die Heizung voll in Betrieb genommen werden kann"

Klagen der Fahrgäste über ungenügend geheizte Wagen gab es allerdings weiterhin.

Da die Wagen nur mit 320 Volt (anstatt der heute üblichen 1000 Volt) geheizt werden konnten, reichte die Heizleistung bei langen Zügen nicht aus.

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