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Die Elektrifizierung

der

Wiesen - und Wehratalbahn

Planung und Bauverträge

Die Firmen AEG und Siemens-Schuckert, Berlin, hatten den Auftrag erhalten, geeignete Projekte auszuarbeiten.

Anscheinend war anfangs auch die Firma Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Ci. in Baden (Schweiz) daran interessiert, einen Auftrag zu erhalten. Mit Schreiben vom 30. September 1907 übersandte die Großherzogliche Generaldirektion der Badischen Staatseisenbahnen in Karlsruhe an diese Firma zwei Erlaubniskarten zum Betreten der Bahnanlagen zwecks Besichtigung der Strecken Basel - Zell i.W und Schopfheim - Säckingen.

Es war zu berücksichtigen, daß die von der Staatsbahn zu pachtende Turbine beim Kraftwerk Augst-Wyhlen 9 000 000 kW/h zu erbringen vermochte, für den Bahnbetrieb jedoch nur etwa 2 000 000 kW/h erforderlich waren.

Um den Strombezug so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten, sollte daher die Energieversorgung des geplanten neuen Badischen Bahnhofs in Basel mit einbezogen werden.
Zum Ausgleich der Bedarfsspitzen war eine Speichermöglichkeit der elektrischen Energie vorzusehen.

SSW arbeitete zwei Projekte aus, eines unter Verwendung von Einphasen-Wechselstrom und ein weiteres mit 3000 V Fahrdrahtspannung.

Die AEG hat ein Einphasen-Projekt vorgelegt, sich aber bei der Kalkulation nicht festlegen lassen.

Die dann von den beiden Firmen damals eingereichten Kostenvoranschläge für die Einführung des elektrischen Betriebes auf der Wiesentalbahn schlossen mit 2 381 000 Mark*) bzw. 2 720 000 Mark*) ab, wobei die AEG ihre Berechnung nur als annähernd bezeichnet hatte.
Die jährlichen Betriebskosten waren mit 331 087 bzw. 349 700 Mark*) angesetzt.
Verglichen mit den sächlichen Kosten des Dampfbetriebes von 363.522 Mark*) wurden somit jährliche Einsparungen in Höhe von 32 435 bzw. 13 822 Mark*) bei elektrischem Betrieb errechnet.

Am 7. Juni 1908 wurden innerhalb der Budget-Beratungen im badischen Landtag erstmals 100 000 Mark für den elektrischen Betrieb der Wiesentalbahn genehmigt, ein bescheidener Betrag, der aber immerhin ermöglichte, mit den Bauvorbereitungen zu beginnen.


Übersichtsplan über die geplante Leitungsanlage
der Wiesen- und Wehratalbahn vom Januar 1909
© Archiv Eisenbahnfreunde Wehratal e.V.

*) = Mark = Goldmark
Die Goldmark war die Währung des Deutschen Kaiserreichs von 1871 bis 1918. Sie wurde mit dem Münzgesetz vom 9. Juli 1873 in Verkehr gebracht und ersetzte 8 Landeswährungen mit 119 verschiedenen Münzsorten wie Taler, Gulden, Kreuzer usw.

Umrechnungshinweise:
(Kaufkraft) laut Hamburger Staatsarchiv und Statistischem Bundesamt (Quelle Fredrik Mathäi)
1 Goldmark (1873–1899) = 9,86 Euro; 1 Goldmark (1900–1912) = 5,17 Euro; 1 Goldmark (1913/14) = 4,87 Euro.
(gem. Wikipedia)

Die Badische Staatsbahn richtete im Jahre 1909 in Basel ein elektrotechnisches Baubüro ein, das die Elektrifizierung der Wiesentalbahn und die Licht- und Kraftanlagen für den neuen Badischen Personen- und Rangierbahnhof in Basel planen und den Bauablauf überwachen sollte.

Am 14.11.1910 wandelte die Staatsbahn das eletrotechnische Baubüro in eine Maschineninspektion um. Diese erhielt zusätzlich die Überwachung der elektrischen Beleuchtungs- und Kraftanlagen für die Strecke Müllheim - Waldshut zugewiesen.

Die Arbeiten wurden in zwei Baulose unter den Firmen SSW und AEG aufgeteilt.

Die Rheinischen Siemens-Schuckert-Werke (SSW) waren für die Errichtung der Schaltanlagen in Basel sowie für die Fahrleitungsanlage auf der Wiesentalbahn in Richtung Schopfheim bis km 19,4 zuständig.

Die Allgemeine Elekrizitätsgesellschaft in Berlin (AEG) abgeschlossen. Die AEG errichtete die Fahrleitung von Bahnhof Schopfheim (km 19,4) biz zell im Wiesental sowie von Schopfheim nach Säckingen.

Am 1. bzw. 15. Februar 1910 wurde aufgrund des zuvor ergangenen Aussschreibungsverfahrens zwischen der Großherzoglichen Gerneraldirektion der Badischen Staatseisenbahnen und den Rheinischen Siemens - Schuckert - Werken GmbH - technisches Bureau in Karlsruhe - der

"Vertrag über die Lieferung von Einrichtungen für die Erstellung einer elektrischen Zugförderung auf der Wiesentalbahn"

abgeschlossen.

Die Anlage 2 dieses Vertrages enthält den "Kostenanschlag". Dieser umfasste die betriebsfertige Lieferung von:

a) Einrichtung der vollständigen Schaltanlage und die Bahnumformer nebst Pirani - Maschinen und Batterieanlage im Umformerwerk Basel;

b) die Speise- und Verstärkungsleitung vom Umformerwerk Basel bis zum Speisepunkt Schopfheim;

c) elektrische Einrichtung des Speisepunktes Schopfheim sowie Errichtung der Beleuchtungseinrichtung;

d) Fahrleitungssanlage vom Bahnhof Basel einschließlich bis km 19,4 vor dem Bahnhof Schopfheim;

e) Fahrleitungsanlage in den Bahnhöfen von Basel bis Maulburg;

f) Schutzeinrichtungen;

g) Zehn Personen- und Güterzugslokomotiven für die elektrische Zugförderung, sowie einen Untersuchungs- und Montagewagen für die Fahrleitungsanlage.

Der vertraglich festgelegte Kostenanschlag der Firma SSW betrug für die oben angeführten Leistungen insgesamt 2 427 526 Mark.

Die Vertragsanlage 3 zum Vertrag zwischen der Großherzoglichen Gerneraldirektion der Badischen Staatseisenbahnen und den Rheinischen Siemens - Schuckert - Werken GmbH enthält das

"Bedingnisheft"

Das Bedingnisheft umfasst 150 Seiten.

Am 2. bzw. 24. Dezember 1910 wurde dann auch der

"Vertrag über die Lieferung von Einrichtungen für die Erstellung einer Elektrischen Zugförderung auf der Wiesentalbahn"

zwischen der Großh. Badischen Staatsbahn und der Allgemeinen Elekrizitätsgesellschaft in Berlin abgeschlossen.

DieserVertrag beinhaltet die Herstellung der Fahrleitungsanlage vom Bahnhof Schopfheim (km 19,4) bis Zell im Wiesental sowie von Schopfheim nach Säckingen und die Lieferung eines Montage- und Untersuchungswagens.

Auch dieser Vertrag enthielt als Anlage 2 den "Kostenanschlag".

Der Kostenanschlag umfasste folgende Arbeiten:

A) Fahrleitung - Material und Montage;

B) Speise- und Umgehungsleitung

C) Rückleitung

D) Montage- und Untersuchungswagen

E) Kostenzusammenstellung

Die veranschlagten Kosten für die Leistungen der AEG betrugen 550 900 Mark.

Als Vertragsanlage 3 zum Vertrag zwischen der Großherzoglichen Gerneraldirektion der Badischen Staatseisenbahnen und der Allgemeinen Elekrizitätsgesellschaft in Berlin gab es ebenfalls ein "Bedingnisheft", welches 145 Seiten umfasst. Dieses Heft enthält - von kleinen Abweichungen abgesehen - etwa die selben Lieferbedingungen wie der Vertrag mit den SSW.

Interessantes ist hier in § 8 zu finden:

"Der Unternehmer hat, soweit es seinen Arbeiern nicht selbst möglich ist, angemessene Unterkunft oder Verpflegung zu entsprechenden Preisen zu finden und soweit nicht in den besonderen Vertragsbedingungen eine andere Regelung vorgesehen wird, die dazu erforderlichen Einrichtungen auf eigene Kosten zu treffen. Er hat den in dieser Beziehung an ihn gestellten Anforderungen der Baubehörde zu genügen".

Mit dem Bau der Oberleitungsanlage sowie dem Umspannwerk in Basel konnte begonnen werden.

Die Bauarbeiten