23.04.2003 05:26
Polizei beschlagnahmt delikaten Fund
Pfosten der denkmalgeschützten Wehrer Eisenbahnbrücke sollten verkauft werden
Die Polizei in Lörrach hat die unerlaubt abmontierten Pfosten des Geländers der alten Eisenbahnbrücke beschlagnahmt. Delikat war allerdings der Fundort der denkmalgeschützten Teile am vergangenen Ostersamstag: Der Stützpunkt eines Brückenbautrupps der Deutschen Bahn AG am Bahnhof Lörrach-Haagen. Der Denkmalschutz ging bislang davon aus, dass die abmontierten Eisenbahnteile vernichtet worden sind.
Wehr
VON HEINZ HILBRECHT
 
Bild:
Die Polizei hat in der Nacht zum Ostersonntag die Geländerpfosten von derdenkmalgeschützten Wehrer Eisenbahnbrücke am Bahnhof Lörrach-Haagen sichergestellt. Der Fund war abholbereit. Obenauf die Eisenstangen zum Einhängen der Kästen an den Kran. Der Rest des Geländers an der Eisenbahnbrücke in Wehr (keines Bild links). Die Pfosten sind identisch mit denen, die beim Brückenbautrupp gefunden wurden (oben rechts). Fotos: Hilbrecht

Wehr - Der entscheidende Hinweis kam von einem Mitglied der ehemaligen Interessengemeinschaft Wehratalbahn. Sie hielten die Anlagen der Deutschen Bahn unter Beobachtung. Zwar gingen die Behörden davon aus, dass nach dem vom Denkmalschutz nicht genehmigten Abbau von Schienen, Abdeckblechen und Geländer an der Wehrer Eisenbahnbrücke alle Teile entsorgt und verloren waren, wie die untere Denkmalschutzbehörde im Landkreis Waldshut erklärte. Denn die Deutsche Bahn hatte der Denkmalschutzbehörde nicht gemeldet, dassnoch Teile existieren.

Aber die Hobby-Eisenbahner kannten die Deutsche Bahn besser und lagen auf der Lauer. Sie wussten, dass wertvolle Stücke von historischen Bahnanlagen nicht in den Schrott kommen. Es gibt nämlich einen schwunghaften Handel. Sammler zahlen gute Preise für Pfosten von historischen Eisenbahngeländern. Die beiden Eisenkästen mit etwa 50 Geländerpfosten standen abholbereitunter freiem Himmel beim Bahnhof Lörrach-Haagen. Zwei schwere Eisenstangen zum Einhängen am Kran lagen obenauf.

Eile war geboten, denn das Verhalten der Deutschen Bahn gab keinen Anlass zu Vertrauen. Immerhin wussten die Behörden nichts von der Existenz dieser Pfosten. Aber der Finder musste zur Arbeit. Er verständigte den SÜDKURIER, mit dem er zum Schutz der Eisenbahnbrücke schon seit Wochen in Kontakt stand. Umgehend ging die Nachricht an die Polizei in Lörrach. Dort erkannten die Beamten sofort, dass Eile geboten war. Eine Streife rückte aus, um die Kästen selbst in Augenschein zu nehmen.

Unter freiem Himmel, für jedermann zugänglich, war ein Abtransport mit unbekanntem Ziel nur zu wahrscheinlich. Die Pfosten mussten in sicheres Gewahrsam, damit der Denkmalschutz entscheiden konnte. Auch das Amtsgericht in Lörrach stimmte diesem Eindruck zu. Denn die Sicherstellung durch die Polizei musste ein Richter anordnen.

Aber rasch stand die Entscheidung fest. Die Beamten blieben vor Ort und riefen einen Abschleppwagen. Denn immerhin war ein geschätztes Gewicht von einer halben Tonne Eisen zu bewegen. Für den Kranwagen kein Problem: In Minuten waren die Kästen verladen. Sie lagern nun gesichert auf dem Stellplatz derPolizei, wo sonst falsch geparkte Fahrzeuge landen. Inzwischen wurde auch die Firma bekannt, die Metallteile von der Eisenbahnbrücke im Auftrag der Deutschen Bahn verwertet hat. Deren Geschäftsleitung war ebenso überrascht wie hilfsbereit. Die Deutsche Bahnhatte sie nicht vom Denkmalschutz unterrichtet und auch keinen Versuch gemacht, die abmontierten Teile wenigstens im Nachhinein zu sichern.

Leider blieb die Suche nach den vermissten Brückenteilen vergeblich. Sie sind sehrwahrscheinlich schon in einem Hochofen gelandet. Durch den SÜDKURIER erfuhr die untere Denkmalschutzbehörde in Waldshut vonden beschlagnahmten Pfosten. Die Nachricht löste Erleichterung aus: "Die Behörde ist dankbar, dass das Geländer sicher gestellt werden konnte und wartet jetzt die Stellungnahme des Landesdenkmalamtes ab."

Dort würden die Denkmalschützer das Geländer gerne wieder an der Brücke sehen, wie die zuständige Wissenschaftlerin Gitta Reinhardt-Fehrenbach dem SÜDKURIER schon früher sagte. Sie war gestern noch in den Osterferien. Die Pressestelle der Deutschen Bahn AG konnte gestern die zuständigen Personen noch nicht für eine Stellungnahme erreichen.

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